Mitarbeiterbindung ist ein wichtiges Thema für Unternehmen aller Größen. Denn nur wenn Mitarbeiter mit ihrer Arbeit zufrieden sind, bleiben sie auch langfristig dem Unternehmen treu. Doch was genau ist Mitarbeiterbindung und welche Formen und Maßnahmen gibt es, um die Bindung der Belegschaft zu stärken?
1. Definition: Mitarbeiterbindung als Aufgabe aller verstehen
Die Mitarbeiterbindung beschreibt, wie sehr sich Beschäftigte mit ihrem Arbeitgeber bzw. ihrem Unternehmen verbunden fühlen. Auch als Retention-Programm bzw. -Management bezeichnet, werden unter der Mitarbeiterbindung konkrete Maßnahmen verstanden, die Mitarbeiter mittel- und langfristig an ihren Arbeitgeber binden sollen. Sie ist ein gradueller Faktor, der von Mitarbeiter zu Mitarbeiter variiert.
Die klassische Mitarbeiterbindung hat vor allem leistungsstarke und qualifizierte Arbeitnehmer, Nachwuchskräfte, Beschäftigte in Führungs- und Schlüsselpositionen und auf dem Arbeitsmarkt stark nachgefragte Spezialisten im Blick. Sie sieht den Arbeitgeber bzw. die Personalabteilung in der Pflicht, Maßnahmen zu entwickeln und im Unternehmen umzusetzen.
Doch wer Mitarbeiterbindung als reine Pflicht der HR-Abteilung oder der Geschäftsführer verstehen möchte, greift zu kurz. Denn Mitarbeiterbindung ist die Aufgabe aller Personen in einem Unternehmen.
Daher zielen neue Konzepte wie People and Culture darauf ab, Mitarbeiterbindung ganzheitlich und als gemeinsames Engagement zu verstehen. Mit einer Unternehmenskultur als Ziel wird die Mitarbeiterbindung zur Angelegenheit jedes Einzelnen in einer Organisation.
Vorteile und Abschied von selektiver Mitarbeiterbindung
Im klassischen Sinn verfolgen Maßnahmen zur Personalbindung das Ziel, Leistungsträger und Fach- und Führungskräfte im Unternehmen zu halten. Diese Form der Mitarbeiterbindung wird auch als selektive Mitarbeiterbindung beschrieben. Denn sie hat ausgewählte Mitarbeiter im Fokus. Das führt oft zu Unzufriedenheit und Konkurrenz in der gesamten Belegschaft.
Doch nicht nur aus diesen Gründen sollten die Maßnahmen allen Mitarbeitern zur Verfügung stehen. Der Personal– und Fachkräftemangel und auch das neue Selbstverständnis der Generation Z und Alpha machen eine ganzheitliche Mitarbeiterbindung zur Voraussetzung der Personalbeschaffung und –entwicklung.
Damit hängt von der Mitarbeiterbindung zunehmend der Unternehmenserfolg ab. Das zeigen die zahlreichen Vorteile guter Mitarbeiterbindung:
- Die Fluktuationsrate sinkt und damit die Gefahr, wichtige Mitarbeiter und Wissen zu verlieren
- Das Employer Branding verbessert sich und die Arbeitgebermarke gewinnt an Attraktivität – das erleichtert auch das Recruiting
- Mitarbeiter werben verstärkt Mitarbeiter
- Die Kosten der Personalbeschaffung und Personalentwicklung lassen sich effektiv senken
- Das Betriebsklima und die Motiviertheit verbessern sich
- Die Produktivität und die Umsatzgewinnung steigen
- Zufriedene Mitarbeiter sorgen auch für zufriedene Kunden und bessere KundenbeziehungenEine hohe Mitarbeiterbindung wirkt sich nicht nur auf die allgemeine Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter aus, sondern hat direkten positiven Einfluss auf den gesamten Unternehmenserfolg.
2. 6 Säulen, 4 Ebenen: Formen und Maßnahmen der Mitarbeiterbindung
Um mögliche Formen und konkrete Maßnahmen der Mitarbeiterbindung für ein Unternehmen abzuleiten, kann sich an den 6 Säulen orientiert werden. Sie ergeben sich aus den unterschiedlichen Bereichen des Arbeitslebens und der Organisationsstruktur:
- Arbeitsplatz, -umfeld und Organisation – z. B. Verpflegung, Büroräume und Arbeitsmittel
- Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten – z. B. Weiterbildungen und Beförderungschancen
- Gesundheit und Freizeit – Sportangebote und Gesundheitstage
- Employer Branding und Marketing – z. B. Messen, Social Media und Stellenanzeigen
- Kultur und Kommunikation – z. B. Newsletter, Feedback- und Mitmach-Möglichkeiten
- Vorteile und Benefits – z. B. Bonuszahlungen, Firmenwagen und Prämien
Dass diese Maßnahmen zwar wichtig sind, aber oft nicht ausreichen, zeigen Zahlen aus den USA: 80% der Arbeitnehmer würden ihren Arbeitgeber bei gleicher Bezahlung für mehr Empathie wechseln. Gleichzeitig sagen 92%, sie würden ihrem Arbeitgeber treu bleiben, wenn dieser empathischer wäre (Quelle: Five-Year Update: Businessolver’s State of Workplace Empathy Study)
Die Art der Bindung und die dahinterstehenden Bedürfnisse der Belegschaft sollten daher in den Fokus genommen werden.
- Emotionale Bindung: Sie beruht auf Emotionen wie Dankbarkeit, Stolz oder Freude und kann mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit steigen. Mitarbeiter, die ihre Arbeit als sinnvoll erachten oder freundschaftliche Beziehungen zu den Kollegen pflegen, binden sich emotional an das Unternehmen. Sie wechseln kaum den Arbeitgeber, sind weniger krank und in der Regel pflichtbewusst und motiviert.
- Normative Bindung: Sie beruht auf (moralischem) Pflichtbewusstsein. Mitarbeiter mit normativer Bindung sind an ihren Arbeitgeber gebunden, weil ihnen dieser z. B. einen Gefallen getan hat oder im Unternehmen Familienmitglieder beschäftigt sind. Führungskräfte können sich ihren Mitarbeiter verpflichtet fühlen und sind damit an das Unternehmen gebunden.
- Rationale Bindung: Sie beruht auf Rationalität und der Abwägung von Vor- und Nachteilen. Rational gebundene Mitarbeiter achten auf Ihre Interessen und Ziele. Sie lassen sich vor allem durch hohe Gehälter und Benefits, Weiterentwicklungschancen oder viel Eigenverantwortung binden.
- Gewohnheits- oder Zwangsbindung: Sie beruht auf Gewohnheit, Routine und fehlender Veränderungsbereitschaft oder auch auf Perspektiv- und Alternativlosigkeit. Mitarbeiter, die ihrem Arbeitgeber aus Gewohnheit oder Zwang treu bleiben, verrichten oft nur Dienst nach Vorschrift, weisen eine geringe Motivation auf und haben im schlimmsten Fall “innerlich gekündigt”.
Mitarbeiterbindung erfordert mehr als attraktive Benefits
Mitarbeiter kündigen selten wegen ihres Jobs. Sie kündigen aufgrund fehlender Wertschätzung, mangelnder Entwicklungsperspektiven oder dem Verhalten ihrer Vorgesetzten. Daran ändern mehr Geld, kostenfreie Getränke oder ein Firmenwagen oft wenig.
Das zeigt: Mitarbeiterbindung bedarf weitaus mehr als einzelner Maßnahmen, die nach dem Gießkannenprinzip umgesetzt werden. Zudem muss Mitarbeiterbindung nicht teuer sein. Empathie, aktives Zuhören und transparente Kommunikation kosten zunächst kein Geld. Sie erfordern lediglich ein Umdenken und einen Bewusstseinswandel – sowohl arbeitgeberseitig als auch arbeitnehmerseitig.
Der Arbeitgeber sollte zunächst die Voraussetzungen für ehrliches Feedback, Kritik und Austauschen schaffen, um Strategien der Mitarbeiterbindung zu entwickeln, die sich an den Bedürfnissen seiner Mitarbeiter orientieren. Gleiches gilt jedoch für Arbeitnehmer: Sie sollten selbstbewusst mit ihren Bedürfnissen und Wünschen umgehen und proaktiv Feedback einfordern. Denn Bindung entsteht immer von 2 Seiten.